Page 99 - Amag-KSB-Pegnitz 2020
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               Der Vertrauensrat des Nürnberger Werkes (er trat im Werk als „N.S.B.O – D.A.F der
               Amag-Hilpert“  auf) forderte  in  einem Aufruf an  die  „Deutschen Volksgenossen“  die
               Belegschaft dazu auf, sich am Abend des 9. März 1934 an einem Marsch vom Werk
               zum  „Adolf-Hitler-Platz“  (der  Hauptmarkt  in  Nürnberg)  zu  beteiligen.  Dort  war  eine
               „große Revolutionskundgebung“ mit dem „Frankenführer“ Julius Streicher angesetzt
               worden.  Um  eine  möglichst  hohe  Beteiligung  an  dem  Marsch  zu  erreichen,  wurde
               drohend angefügt:

                  „Willst  Du  durch  Dein  Fernbleiben  zeigen,  dass  Du  der  nationalsozialistischen
                  Volksgemeinschaft nicht angehören willst, dann gehörst Du auch nicht mehr ein-
                  gegliedert in die Reihen des schaffenden Deutschen Volkes.“      256

               Für die Pegnitzer Belegschaft stellte sich diese Frage nicht. Zum einen eignete sich
               die kleine Stadt nicht für propagandistische Großveranstaltungen, zum andern konn-
               ten die Nationalsozialisten, wie im Abschnitt 5.2 nachgewiesen, in der Pegnitzer Ar-
               beiterschaft kaum Fuß fassen.

                                    7.2 Die rüstungsinduzierten Boomjahre

               Die nationalsozialistische Wirtschaftspolitik griff mit straffer staatlicher Lenkung und
               Zwangsorganisation in die nach wie vor privatwirtschaftlich geprägte Wirtschaftsord-
               nung  ein mit  dem  Ziel  einer  möglichst  raschen  Leistungssteigerung.  Auf  der  Basis
               der  bereits  vor  1933  stattgefundenen  wirtschaftlichen  Trendwende,  von  niedrigen
               Arbeitskosten  und  konjunkturpolitischen  Programmen  (Arbeitsbeschaffungsmaß-
               nahmen)  gelang rasch ein erkennbarer Abbau der Arbeitslosigkeit, der schon von
               Anfang  an  rüstungspolitische  Merkmale  aufwies.    257   Ende  1935,  inzwischen  waren
               Arbeitsdienst  und  Wehrpflicht  eingeführt  worden,  hatte  das  nationalsozialistische
               Deutschland als erstes der von der Weltwirtschaftskrise erfassten Länder die Vollbe-
               schäftigung wieder erreicht.  258

               Schon 1933 verstärkten sich die staatlichen Eingriffe in den Wirtschaftsprozess. Im
               Oktober  1933  kam  es  zum  Beispiel  auf  Anweisung  der  Reichsregierung  zur  Grün-
               dung einer „Arbeitsgemeinschaft der Deutschen Feuerwehrgeräte-Industrie“, zu den
               17 Mitgliedern gehörte auch die Amag mit ihren Feuerlöschpumpen.         259  Ziel war nicht
               nur, die Vereinheitlichung und Normung der Produkte voranzutreiben (und damit die
               Austauschbarkeit der Ausrüstungsgüter verschiedener Feuerwehren), sondern auch
               die  damit  verbundene  Möglichkeit,  steuernd  auf  die  Unternehmen  einzuwirken.  Mit
               dem Vierjahresplan von 1936 kam der endgültige Übergang zur Autarkiepolitik und
               damit zur „Kommandowirtschaft“.

               Die Metallindustrie, und dazu gehörte die Amag, war eine tragende Säule der Rüs-
               tungsproduktion,  und  die  Metallarbeiter  gehörten  nun  zur  „Arbeiteraristokratie“.
               Trotzdem  stagnierten  die  Löhne  und  Gehälter,  die  auf  dem  niedrigen  Niveau  von
               1932  eingefroren  wurden.  Einen  gewissen  Ausgleich  erhielten  die  Arbeitnehmer


               256
                  Vgl. Anhang 14. Im Stempel unten rechts ist das Symbol der NSBO zu erkennen. 1935 wurde
               diese Organisation zu Gunsten der DAF aufgelöst.
               257
                  Vgl. Hans-Ulrich Wehler, Gesellschaftsgeschichte, 4. Band, 699.
               258
                  Hans-Ulrich Wehler, Gesellschaftsgeschichte, 4. Band, 709, 711. In der Wirtschaftspolitik hatte sich
               die Erkenntnis der antizyklischen Konjunktursteuerung (J. M. Keynes, G. Schmoller) durchgesetzt.
               259
                  Axel Polnik, Die Bayreuther Feuerwehr im Dritten Reich. Brandschutz in der Gauhauptstadt Bay-
               reuth. Norderstedt 2011, 158.
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