Page 76 - Von der Pegnitzhütte zum KSB-Standort
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5.1.2 Richard Kuhlos Engagement beim Aufbau der Unternehmerorgani-
sationen
Kuhlo war ein früher Pionier der Unternehmerverbände und ein entschiedener Geg-
ner der Gewerkschaften, deren Streben nach Anerkennung als Tarifpartner nicht in
sein Weltbild passte.
1890 gründete sich in Berlin ein „Gesamtverband der Metallindustriellen“ mit der Ziel-
setzung, den Streiks mit koordinierten Aussperrungen entgegen zu treten. Von baye-
rischen Industriellen wurde ein Beitritt abgelehnt, weil hier Streiks nur selten vorkä-
men. Dennoch entstand 1893 ein „Verband bayerischer Metallindustrieller Nürnberg,
Fürth und Umgebung“. 184 Es muss angenommen werden, dass Richard Kuhlo ein
Motor dieses Fachverbandes war. Sein Ziel war jedoch, einen Industriellenverband
zu schaffen, der sich nicht auf eine Branche beschränkte.
1896 und 1899 waren Versuche gescheitert, die bayerische Industrie zu organisie-
ren. Erst 1900 konnte hier der „Bund der Industriellen BDI“ mit einem Bezirksverein
Nürnberg-Fürth Fuß fassen - Vorsitzender wurde der „Generaldirektor Richard Kuh-
lo“. 185 Die Ausdehnung auf die Landeshauptstadt München und auf das Industrie-
zentrum Augsburg gelang erst, als der Sohn Richard Kuhlos, der promovierte Jurist
Alfred Kuhlo (1876 – 1931) 186 , im Januar 1902 in München – die Unterstützung sei-
nes Vaters kann als gesichert gelten – eine Geschäftsstelle des BDI eröffnete und
den südbayerischen Bezirksverein ins Leben rief. Parallel dazu wurde der Nürnberg-
Fürther Verbund des Vaters auf ganz Nordbayern erweitert, und die Regionalver-
bände zusammen bildeten den bayerischen Landesverband des BDI (März 1902).
Schon nach wenigen Wochen löste sich der BDI auf und schloss sich dem zeitgleich
gegründeten „Bayerischen Industriellen-Verband (BIV)“ an, der sich am 31. Mai
1902 nicht ohne das Zutun von Alfred Kuhlo und wiederum nicht ohne Absprache mit
seinem Vater gegründet hatte. Über seine gesellschaftliche Stellung, seine juristische
Qualifikation und sein überzeugendes Engagement war Richard Kuhlos Sohn schon
jetzt ein bedeutender Repräsentant der Unternehmerverbände. 187
Mit dem BIV war die erste gemeinschaftliche Interessenvertretung der bayerischen
Industrie entstanden, unter anderem mit dem erklärten Ziel, die „Verbesserung von
Verkehrswegen, kommunaler Angelegenheiten sowie Frachttarifen“ zu erreichen,
wohingegen die Verfolgung „irgendwelcher parteipolitischer Ziele“ ausgeschlossen
wurde. 188 Vergleicht man dazu die Schriften des Verbandssyndikus Kuhlo jun., dann
gehörte zu den Zielen auch die Abwehr von „ungerechtfertigten“ Ansprüchen der Ar-
beiterschaft und ihrer gewerkschaftlichen Vertretung.
Den Vorsitz des BIV übernahm der Schwiegervater von Alfred Kuhlo, Hermann Aust.
Zweiter Vorsitzender wurde der Amag-Chef Richard Kuhlo. Sein Sohn Alfred Kuhlo
wurde Generalsekretär, und der Verband war bis 1905 fast ein Familienbetrieb. 189 Im
184
http://www.historisches-lexikon-bayerns.de/artikel/artikel_44818 (Abruf 08.02.2014).
185
Günther Eckardt, Industrie und Politik in Bayern 1900 – 1919. Der Bayerische Industriellen-
Verband als Modell des Einflusses von Wirtschaftsverbänden, Berlin 1976, 102 f.
186
Deutsche Biographie: http://www.deutsche-biographie.de/sfz46897.html (Abruf 15.01.2015).
187
Alfred Kuhlo „dürfte einer der wichtigsten Männer der bayerischen Wirtschaft von der Jahrhundert-
wende bis zum Ende der zwanziger Jahre gewesen sein.“ (Günther Eckardt, 113).
188
http://de.wikipedia.org/wiki/Vereinigung_der_Bayerischen_Wirtschaft#Die_ersten_Jahre. (Abruf
08.02.2015).
189
http://de.wikipedia.org/wiki/Hermann_Aust_(Unternehmer) (Abruf 15.01.2015).