Page 62 - Von der Pegnitzhütte zum KSB-Standort
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dustrie zuzuordnende Unternehmen in seinem Pegnitzer Hauptwerk einige Hundert
Menschen beschäftigt. 144
4.3.2 Die Expansion der Arbeiterbewegung in Pegnitz
4.3.2.1 Arbeitervereine
Während die Gewerkschaften vor allem die Verbesserung der Arbeitsbedingungen
anstrebten, gaben sich die Arbeitervereine vorrangig eine gesellschaftspolitische
Zielsetzung. Fast parallel zur Gründung der Pegnitzer Gewerkschaftsfiliale gründete
sich im Mai 1892 der „Arbeiter-Verein Pegnitz“ (vgl. Abb. 41) 145 .
Abb. 41: Eintrag im Vereinsverzeichnis und Stempel des
Arbeitervereins. Zu seinen Aufgaben gehören:
„1.) Gesellige Unterhaltung
2.) Hebung der Bildung u. Moralität der Mitglieder und
3.) Unterstützung in Krankheitsfällen.“
Quelle: Amtliches Vereinsverzeichnis im Stadtarchiv Pegnitz.
Die „gesellige Unterhaltung“ zielt auf Veranstaltungen, mit denen der Zusammenhalt
gefördert werden sollte, und hinter der eher pädagogischen Zielsetzung „Hebung der
Bildung u. Moralität“ dürfte sich auch eine gegenüber der „Obrigkeit“ verschleierte
politische Bildungsarbeit verbergen, die auf sozialistische Inhalte gemünzt war. Wie
unter 4.3.2.2 beispielhaft gezeigt wird, konnte von einer politischen Meinungsfreiheit
im Pegnitz der Kaiserzeit keine Rede sein.
Es wurde schon erwähnt, dass Arbeiter bei krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit im
Gegensatz zu den Angestellten keinen Lohn erhielten 146 , und wegen seiner Aufgabe
„Unterstützung in Krankheitsfällen“ war der Arbeiterverein auch eine auf Solidarität
gegründete Selbsthilfe-Organisation.
Unter den Funktionsträgern erscheinen erwartungsgemäß etliche Fabrikarbeiter, da-
runter der oben erwähnte Gewerkschaftsvorstand Konrad Ertl sowie Johann Gentner
(vgl. 4.3.2.5 und 5.2). Auch wenn sich mit zwei Schuhmachern und einem „Kauf-
mann“ nicht nur Fabrikarbeiter unter den Funktionären befanden und der Verein –
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Vgl. Abschnitt 8.5. Nach Aussagen von BEKA-Mitarbeitern werden die erzielten Tarifabschlüsse in
der bayerischen Metallindustrie von ihrem Arbeitgeber übernommen.
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Stadtarchiv Pegnitz, Signatur F IX. c/90/Nr. 1 (Bd. 2).
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Abschnitt 4.2.2.