Page 58 - Von der Pegnitzhütte zum KSB-Standort
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auf die IG Metall, und von den 19 Betriebsratsmitgliedern im Jahr 1981 gehörten 16
der IG Metall an, 3 dem CMV. Wie unten gezeigt wird, sind heute alle Pegnitzer
KSB-Betriebsräte Mitglied der IG Metall.
Die sozialpolitische Bedeutung des katholischen Arbeitervereines und des Christlich-
sozialen Metallarbeiter-Verbandes in Pegnitz stand jedoch von Anfang an im Schat-
ten ihres übermächtigen Konkurrenten, dem DMV und später der IG Metall. Dass
sich der katholische Betriebsseelsorger der Erzdiözese Bamberg beim Warnstreik
am 23. Februar 2015 (siehe unten „Beispiel 3“) in seinem Grußwort vorbehaltlos hin-
ter die Forderungen der IG Metall stellt, zeigt den Wandel der Gewerkschaftsbewe-
gung. 133
Wie im Abschnitt 4.3.2.1 gezeigt wird, war auch der Versuch der evangelischen Sei-
te, die Pegnitzer Arbeiterphalanx aufzubrechen, nicht erfolgreich.
4.3.1.3 Der Amag-/KSB-Standort als gewerkschaftliche Hochburg
Die Führung des Pegnitzer Ortsverbandes des DMV lag über mehr als ein Dutzend
Jahre bei dem Former Konrad Ertl. Diesem und seinen Mitstreitern im Gewerk-
schaftsvorstand gelang es, in der Pegnitzhütte den Organisationsgrad der Beschäf-
tigten so zu steigern, dass der Pegnitzer Ortsverband – und er bestand hier nur aus
Leuten der Pegnitzhütte – ein wesentliches Standbein des bayerischen Landesver-
bandes des DMV wurde.
Seit 1891 bis zur Gegenwart ist erst der Deutsche Metallarbeiter-Verband, nach 1945
die Nachfolgeorganisation IG Metall in der Belegschaft des Pegnitzer Werkes au-
ßerordentlich stark verankert. Vor allem in den Fertigungsbereichen (früher der „Ar-
beiter“-Bereich) kann sich kaum ein „Kollege“ dem Anpassungsdruck entziehen, der
von der Gruppe ausgeht und darauf gerichtet ist, wie „die Andern auch“ der Gewerk-
schaft beizutreten. Aber auch in den Verwaltungs- und Büroeinheiten ist der Organi-
sationsgrad beachtlich.
Die Unternehmensleitung, bestehend aus auf Zeit bestellten Managern (Vorstand),
hat offensichtlich die gewerkschaftliche Arbeit im Betrieb nicht behindert und – wie
unten bei Beispiel 2 gezeigt wird – durch einige Verwaltungsabläufe sogar gefördert.
Drei Beispiele verdeutlichen das ungewöhnliche Gewicht, das die Pegnitzer Metall-
gewerkschafter seit Jahrzehnten in ihrer Organisation haben:
Beispiel 1: 1905
Zwischen 19. April und 7. Juli 1905 tobte in Bayern ein harter Arbeitskampf mit
Streiks und Aussperrungen. Der Versuch des DMV, mit den Arbeitgebern einen kol-
lektiven Tarifvertrag abzuschließen, scheiterte zwar, jedoch empfahl die Gewerk-
schaftsleitung ihren Mitgliedern die Annahme des Verhandlungsergebnisses. Den-
noch wurden die Streiks fortgesetzt, und die Mitgliedsfirmen des „Verbandes Bayeri-
scher Metallindustrieller“ antworteten darauf mit der Aussperrung: „Sie betraf rund
14 000 Arbeiter in München, Nürnberg, Augsburg, Fürth und Pegnitz.“ 134 Dass sich
133
„Der Spiegel“ schätzt die Mitgliederzahl der Christlichen Metallgewerkschaft im Jahr 2015 auf nur
17000. Vgl. http://www.spiegel.de/spiegel/vorab/christliche-gewerkschaften-tricksen-bei-
mitgliedszahlen-a-1029153.html. (Abruf 15.06.2015).
134
Opel, Fritz und Schneider, Dieter: Fünfundsiebzig Jahre Industriegewerkschaft, 128. Hervorhebung
durch den Verfasser.