Page 55 - Von der Pegnitzhütte zum KSB-Standort
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               Massenbewegung      123 , ein Prozess, der sich in der jungen Industriestadt gut verfolgen
               lässt.

               Um die Jahrhundertwende wurden in Pegnitz zahlreiche Vereine gegründet, darunter
               etliche, die eindeutig von Arbeitern, die fast alle in der Pegnitzhütte beschäftigt wa-
               ren, geprägt wurden. Die zunehmende Dynamik und Unübersichtlichkeit der Indus-
               triegesellschaft förderte nicht nur bei den Arbeitern – dort aber wegen ihrer gesell-
               schaftlichen Ausgrenzung  in  besonderem  Maße  –  das  Bedürfnis, in  Vereinigungen
               der  verschiedensten  Art  die  Möglichkeit  zur  kollektiven  Identifikation  und  unter
               Gleichgesinnten  ein  Gefühl  von  Stärke  und  Geborgenheit  zu  finden.  Am  Beginn
               stand die Gründung einer Interessenvertretung der Amag-Arbeiter im Betrieb.

                           4.3.1 Die Gewerkschaftsbewegung in der Pegnitzhütte

                4.3.1.1 Die Gründung der Pegnitzer Ortsgruppe des „Deutschen Metall-
                                        arbeiter-Verbandes (DMV)“ 1891

               Am 30. September 1890 wurde das „Gesetz gegen die gemeingefährlichen Bestre-
               bungen  der  Sozialdemokratie  vom  22.10.1878“,  kurz  das  „Sozialistengesetz“,  nicht
               mehr verlängert. Ein halbes Jahr später, im Juni 1891, gründete sich in Frankfurt  der
               Deutsche Metallarbeiter-Verband (DMV), und schon zwei Monate später findet sich
               am 18. August 1891 im Pegnitzer Vereinsverzeichnis der Eintrag über die Gründung
               einer „Filiale des Deutschen Metallarbeiter-Verbandes (DMV)“ (Abb. 38)          124 .























                Abb.  38:  Am  18.  August  1891  bildet  sich  in  Pegnitz  eine  „Filiale  des  Deutschen  Metallarbeiter-
                Verbandes“, der Gießereiarbeiter (Former) Konrad Ertl war langjähriger Vorstand bzw. „Bevollmäch-
                tigter“.  Auch  alle  anderen  Funktionäre  sind  Arbeiter  der  „Pegnitzhütte“.  Der  Stempel  wird  im  Jahr
                1900 verwendet.
                Quelle: Vereinsverzeichnis des Stadtarchivs Pegnitz.

               Vor 1878 gab es verschiedene Vorläuferorganisationen des DMV. 1869 kam es in
               Nürnberg zur Gründung einer „Metallarbeiter-Gewerksgenossenschaft“, die als Folge
               des  „Sozialistengesetzes“ 1879 verboten wurde. Im deren Statut aus dem Jahr 1878
               findet sich unter „Zweck“:  „Gegenseitige Wahrung der Ehre, der geistigen und mate-






               123
                  Hans-Ulrich Wehler, Gesellschaftsgeschichte, 3. Band, 1045.
               124
                  Stadtarchiv Pegnitz, Signatur F IX. c/90/Nr. 1 (Bd. 2).
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