Page 31 - Von der Pegnitzhütte zum KSB-Standort
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Abb. 22: Satzungsauszug vom Januar 1902; die böhmischen Zuwanderer versprechen politische
Enthaltsamkeit: „Politische Sachen, Demonstrationen und Agitation betreffs Arbeitsverhältnisse
sind ausgeschlossen.“
Quelle: Stadtarchiv Pegnitz.
Aus den erkennbaren Schwierigkeiten mit der deutschen Sprache und aus ihrer Sat-
zung ergibt sich, dass sie der tschechischen Volksgruppe in Böhmen angehörten.
Bei ihrer Vereinsgründung lebten und arbeiteten die Zuwanderer bereits seit einigen
Jahren in Pegnitz, und die Integration in ihre neue Lebensumwelt bereitete offenbar
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keine Schwierigkeiten. Die Tatsache, dass das Deutsche Reich in den zwei Jahr-
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zehnten vor dem Ersten Weltkrieg zum Einwanderungsland geworden war , findet
mit den „Böhmern“ auch in der kleinen Landstadt ihren Niederschlag.
Für den Aufbau der Armaturenfertigung brauchte man (Eisen-)Dreher und (Maschi-
nen-)Schlosser, und diese mussten ebenfalls von außerhalb der Stadtgrenzen kom-
men und sogar im nichtbayerischen „Ausland“, etwa in den mitteldeutschen Industrie-
regionen angeworben werden. So war der erste Vorsitzende des 1898 gegründeten
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Sozialen Partei-Vereins (gemeint ist der Sozialdemokratische Verein) ein Schlosser
aus Sachsen, ein „Revisor“ des Vereins stammte aus Magdeburg. Wie die SPD-
Gründung in Pegnitz zeigt, brachten diese Männer neben ihrer beruflichen Kompe-
tenz als Metallfacharbeiter auch eine ausgeprägte politische Überzeugung mit.
Um dem Fachkräftemangel zu begegnen, begann die Fabrik sogleich mit der betrieb-
lichen Ausbildung. Am 8. März 1891 befanden sich bereits vier Lehrlinge in der Peg-
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nitzhütte, von denen einer das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet hatte. Zu diesen
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Lehrlingen „der ersten Stunde“ gehörte auch Hans Gentner.
tigte und im Zuge seiner Hausmachtpolitik auf der Pegnitzer Burg Böheimstein einen „Amtmann“ in-
stallieren ließ (vgl. Heinrich Bauer II, 130 ff.).
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„Seit den letzten Jahren des 19. Jhdts. haben sich, angezogen von der Eisengießerei Pegnitzhütte,
auch einige T s c h e c h e n in Pegnitz niedergelassen, die sich aber bald eingedeutscht haben.“
(Heinrich Bauer II, 763).
1911 erwirbt der (bis dahin österreichische) Modellschreinermeister Smolik die bayerische Staatsan-
gehörigkeit.
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Friedrich Lütge, Deutsche Sozial- und Wirtschaftsgeschichte. Berlin, Heidelberg, New York 1966,
505.
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Siehe Abschnitt 4.3.2.2.
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Helmut Strobel, Zeittafel in der „Abschrift der ‚Geschichte der Stadt und des Pegnitzer Bezirks‘ von
Heinrich Bauer aus dem Jahr 1938“. Pegnitz 2014 (elektronischer Datenträger).
Ein Lehrvertrag der Amag mit einem Dreherlehrling aus dem Jahr 1908 befindet sich im Anhang 9.
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Siehe Abschnitt 5.2.