Page 118 - Amag-KSB-Pegnitz 2020
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1973 1767 DM
Die Beträge entfernen sich mit den Jahren zunehmend von den Gehaltssätzen, die
tariflich vereinbart worden waren. Vom Gehalt im Jahr 1959 waren 90 DM eine „au-
ßertarifliche, frei widerrufliche Zulage“, 1965 waren es 270 DM und 1970 320 DM. 323
In der Werkszeitung wird 1967 mitgeteilt, dass in Pegnitz, obwohl ohnehin im höchs-
ten Tarif eingeordnet („Großstadt A“), „die Stunden- bzw. Monatsbezüge … durch
außertarifliche Zulagen … erheblich überschritten“ werden. 324 Gleichzeitig wird an-
gedeutet, dass diese Zulagen im Zuge weiterer Tariflohnerhöhungen reduziert wür-
den.
In den 23 Jahren zwischen dem 1.Januar 1950 und Ende 1972 hatte sich das Gehalt
des Werkmeisters verfünffacht. Im gleichen Zeitraum stiegen die Verbraucherpreise
nur um 72 %. 325 Im Durchschnitt der 23 Jahre errechnet sich für den Werkmeister
eine jährliche Erhöhung seines Reallohnes von 4,7 %. 326 Dieser Wert liegt leicht über
dem oben genannten bundesdeutschen Durchschnitt von 4,6 %.
Das Beispiel zeigt, dass die Löhne und Gehälter den Arbeitnehmern stetig steigende
Konsummöglichkeiten eröffneten und damit die Teilhabe am „deutschen Wirtschafts-
wunder“ gesichert war. Die Beschäftigten der Amag fanden sich jetzt in einer wirt-
schaftlichen Lage, die mit der existenzbedrohenden Situation früherer Jahre nicht
mehr vergleichbar war.
8.4.4 Der Wiederaufbau der Firmenzentrale in Nürnberg
Zwischen 1943 und 1954 war der Firmensitz juristisch zwar in Nürnberg, faktisch je-
doch befand sich das Unternehmenszentrum einschließlich der Geschäftsleitung in
Pegnitz. Die kriegsbedingte Umsiedlung nach Pegnitz sah man von vornherein als
nur vorübergehend an. Deshalb entschloss man sich Anfang der 50er Jahre, den
alten Nürnberger Standort verstärkt auszubauen. 1951 war die im Krieg zerstörte
Werkhalle wieder aufgebaut und mit Werkzeugmaschinen ausgerüstet. Wichtiger als
dieser (im Vergleich zu Pegnitz) kleine Produktionsbereich war die Entscheidung,
die gesamte Verwaltung mit Verkaufs- und Konstruktionsabteilungen wieder in der
Großstadt mit ihrer entwickelten Infrastruktur und zentralen Lage anzusiedeln. Man
war der Ansicht, dass das provinzielle Pegnitz dem Renommee der Firma abträglich
sei. In der Tat gab es Schwierigkeiten bei der Suche insbesondere von Führungskräf-
ten; zu oft konnte man diese für die Arbeit in der Kleinstadt mit ihren schulischen,
medizinischen und kulturellen Defiziten nicht gewinnen. 327
323
Archiv des Verfassers.
324
KSB-Post 1-2 1967, 12.
325
Berechnet auf der Grundlage des Verbraucherpreisindex für einen 4-Personen-Haushalt von Arbei-
tern und Angestellten mit mittlerem Einkommen: 1950 = 26,4; 1972 = 45,3 (1995 = 100).
Quelle: Verbraucherpreisindizes für Deutschland - Lange Reihen ab 1948
Statistisches Bundesamt, Wiesbaden 2015: Verbraucherpreisindizes für Deutschland – Lange Reihen
ab 1948, abrufbar unter:
https://www.destatis.de/DE/Publikationen/Thematisch/Preise/Verbraucherpreise/Verbraucherpreisinde
xLangeReihenPDF_5611103.pdf?__blob=publicationFile_5611103.pdf?__blob=publicationFile (Abruf:
16.07.2015).
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(((1767/(360*45,3/26,4))^(1/23))-1)*100 = 4,7.
327
Als 1984 in einer Kehrtwendung der Standort Nürnberg aufgegeben wurde, zeigten sich (in deutlich
abgeschwächter Form) ähnliche Probleme, vgl. Abschnitt 10.2.