Page 107 - Amag-KSB-Pegnitz 2020
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Der Betrieb in Pegnitz wuchs in neue Dimensionen: Das Werksgelände hatte sich
zwischen 1930 und 1945 mehr als verdoppelt (1930 ca. 88000 qm, 1950 ca. 182000
qm).
Während Pegnitz von unmittelbaren
Kriegshandlungen weitgehend ver-
schont blieb, 280 wurden die Reste
des Nürnberger Werkes im Februar
und März 1945 bei weiteren Luftan-
griffen fast völlig zerstört. Sechs
Nürnberger Mitarbeiter verloren da-
bei ihr Leben. Pegnitz wurde also
zum Schwerpunkt des Unterneh-
mens, und der Firmensitz Nürnberg
mit seinem Ruinengrundstück stand
nur noch auf dem Papier. Allerdings
begann für ganz Deutschland trotz
massiver Anstrengungen in der Rüs-
tungsgüterproduktion ein wirtschaftli-
cher Niedergang durch Zerstörung
von Industriekapazitäten und Trans-
portwegen. Wegen Koksmangels
musste die Gießerei in Pegnitz ge-
schlossen werden, und die herge-
stellten Fertigprodukte konnten nicht
zum Versand gebracht werden.
Schon einige Monate vor dem Ein-
marsch der Amerikaner in Pegnitz
gab es praktisch keine Beschäfti- Abb 72: Nürnberg – Sommer 1945 (Fassade der
Frauenkirche, Doppeltürme der Egidienkirche)
gungsmöglichkeiten mehr. Obwohl
Quelle: „Nuremberg in Ruins 1945 HD-SN-99-02986“ von
das Werk unbeschädigt war, ruhte Keystone/Second Roberts Commission - Downloaded from
der Betrieb. http://www.dodmedia.osd.mil/DVIC_View/Still_Details.cfm?SDAN=
HDSN9902986&JPGPath=/Assets/Still/1999/DoD/HD-SN-99-
02986.JPG. Lizenziert unter Gemeinfrei über Wikimedia Commons
Am 14. April 1945 besetzten ameri-
kanische Soldaten die Stadt, nachdem sich kleinere Gruppen deutscher Truppenver-
bände in Pegnitz kampflos ergeben hatten. Die Bevölkerung plünderte die von den
deutschen Soldaten zurückgelassenen Fahrzeuge 281 und auch eine nunmehr un-
bewachte große Lagerhalle der deutschen Streitkräfte, die allgemein als „Wehr-
machtshalle“ bezeichnet wurde. Wenige Jahre später bildete diese den Standort der
Teppichfabrik H. W. Poser. 282
280
Im Stadtgebiet kostete ein Tieffliegerangriff einer jungen Frau das Leben. (Franz Vogl, Vierzig Jah-
re unterwegs, 75). Zuverlässige Zeitzeugen bestätigen, dass am 4. April 1945 der Hof einer Autowerk-
statt (hier waren deutsche Armeefahrzeuge abgestellt) Ziel eines Angriffs mit Bomben und Bordwaffen
durch zwei US-Flugzeuge war. An den umliegenden Häusern an der Kreuzung Nürnberger Stra-
ße/Heinrich-Bauer-Straße entstand erheblicher Sachschaden, Personenschäden waren jedoch nicht
zu beklagen. Bei einem Flugzeugangriff auf einen Personenzug im Gemeindegebiet von Hainbronn
am 3. April 1945 starben acht Menschen. (Stadtarchiv Pegnitz, A II 7d/Nr. 21).
1942-43 wurde in der Amag ein Luftschutzstollen in den Zipser Berg getrieben. Dieser wurde in den
letzten Kriegstagen von Anwohnern vorsichtshalber an ein oder zwei Tagen aufgesucht, vermutlich im
Zusammenhang mit den Luftangriffen auf Bayreuth im April 1945. Seine „Feuerprobe“ musste der
Amag-Bunker jedoch nicht bestehen.
281
Vogl, Franz, Vierzig Jahre unterwegs, 76 f.
282
Siehe Abschnitt 8.5.