Page 145 - Amag-KSB-Pegnitz 2020
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               ausgewählte, langjährige  Arbeiter wurden mit einigen wenigen arbeitsfreien Tagen
               bedacht. Arbeitsfrei waren nur Sonn- und Feiertage. In den Bereich der „betrieblichen
               Sozialpolitik“ gehört jedoch, dass weit vor den tarifvertraglichen und gesetzlichen Ur-
               laubsregelungen der gesamten Pegnitzer Belegschaft zwei arbeitsfreie Nachmittage
               zugestanden  wurden:  Der  Fastnachts-Dienstag  und  der  Tag  des  Gregorien-
               Kinderfestes. 407   Mit  der  Ausdehnung  der  tariflichen  Urlaubsdauer  während  des
               „Deutschen Wirtschaftswunders“ wurde diese Regelung abgeschafft.

                                      11.4 Werksküche/Betriebsrestaurant

               Soweit die Wohnung in fußläufiger Entfernung lag, nahmen viele Mitarbeiter ihr Mit-
               tagessen zu Hause ein, auch als für Weg und Essenseinnahme nur 30 bzw. 60 Minu-
               ten  zur  Verfügung  standen.  Eine  Alternative  war  das  „Essentragen“:  Frauen  oder
               Mütter  brachten die  Mahlzeit  im Essgeschirr  zum Fabrikzaun oder –fenster, wo es
               vom Angehörigen in Empfang genommen wurde. In allen Fällen waren die Frauen
               gefordert,  einen  straffen  Zeitplan  einzuhalten.  Mit  dem  Ausbau  der  werkseigenen
               Küche  verloren  sich  diese  Praktiken,  zumal  die  Mittagsgerichte  vom  Unternehmen
               stark subventioniert wurden. Dies gilt heute auch für das unternehmenseigene „Be-
               triebsrestaurant“, das auch Familienangehörigen und ehemaligen Mitarbeitern offen
               steht.

               Für die Frühstückspause gab es über viele Jahre eine Verkaufsstelle, die vom Be-
               triebsrat verwaltet wurde. Das Sortiment umfasste naturgemäß Lebensmittel für den
               unmittelbaren Verzehr. Um zu verhindern, dass die Mitarbeiter einzeln in diesem Ki-
               osk erschienen, wurden mit dieser Aufgabe Hilfskräfte in den einzelnen Abteilungen
               beauftragt.  Diese  sammelten  die  Bestellungen  der  Kollegen,  holten  die Waren  mit
               Tragegestellen und/oder mit kleinen Fahrzeugen (z. B. „Elektrokarren“) und mussten
               darauf achten, dass pünktlich zum Pausenbeginn die Verteilung am Arbeitsplatz der
               Kollegen beendet war. Die für diese Tätigkeit aufgewendete Arbeitszeit wurde dann
               in der betrieblichen Buchführung unter der Kostenart „Lohn für Brotzeitholer“ ausge-
               wiesen.  Darüber  hinaus  trug  das  Unternehmen  die  Kosten  für  die  Verkaufsräume.
               Dies gehört der Vergangenheit an: Die zentrale Verkaufsstelle wurde von Automaten
               abgelöst, deren Betrieb von einem Catering-Unternehmen sicher gestellt wird.


                        11.5 Betriebskrankenkasse und betriebliche Altersvorsorge

               Seit 1883 gibt es die gesetzliche Krankenversicherung, und die 1894 von der Amag
               für ihre Mitarbeiter in Pegnitz eingerichtete Betriebskrankenkasse wurde zum Träger
               dieser  gesetzlichen  Krankenversicherung.    Die  Büro-  und  Verwaltungskosten  trug
               das Unternehmen und so kamen den versicherten Mitarbeitern günstigere Beiträge
               zu Gute. Dies endete 1995, als die KSB-Betriebskrankenkasse mit anderen Betriebs-
               krankenkassen zur „BKK advita“ fusionierte.    408

               1890  bestand  die  gesetzliche  Arbeiter-Rentenversicherung  gerade  ein  Jahr    409 ,  erst
               1911 kam die für die Angestellten hinzu. Bis dahin war es deshalb für die Angestell-


               407
                  Zum Gregorien-Kinderfest in Pegnitz vgl. Heinrich Bauer II, 509 f. Aus dem 18. Jahrhundert liegen
               für dieses Fest Rechnungen über 58 Maß Bier vor, „so den Kindern und den Herren Schulbedienten
               auf dem Rathaus zu vertrinken gegeben worden“ (zitiert bei Heinrich Bauer I, 342).
               408
                  Vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/BKK_advita (18.10.2015).
               409
                  Das Ende der Lebensarbeitszeit wurde auf 70 Jahre festgesetzt, ab 1916 auf 65 Jahre.
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