Page 47 - Von der Pegnitzhütte zum KSB-Standort
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               Industriearbeiterschaft“,  der mit Sicherheit auch die Arbeiter des Pegnitzer Betrie-
               bes erreicht hatte. Zwar waren deren Löhne um 25 % niedriger als die ihrer Nürnber-
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               ger  Kollegen ,  dies  dürfte  jedoch  durch  niedrigere  Lebenshaltungskosten  in  der
               „Provinz“ wenigstens teilweise kompensiert worden sein. Trotz des positiven Trends
               bei der Entwicklung des Lebensstandards führten kurzfristige konjunkturelle Einbrü-
               che  unmittelbar  zu  Einkommensverlusten.  So  berichtete  ein  Pegnitzer  Eisendreher
               am 13. Dezember 1913 in einem Brief an seine Verwandten, dass „wir jetzt nur noch
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               45  Std  die  Woche“  arbeiten.   Die  Wirtschaftskrise  kurz  vor  Kriegsausbruch  hatte
               auch Pegnitz erfasst.

               Aus der gezeigten Differenzierung der Stundenlöhne folgt, dass der Anstieg der Re-
               allöhne  den  Lohnarbeitern  nicht  gleichermaßen  zugutekam.  Am  oberen  Ende  der
               Skala  genossen  die  qualifizierten  und  in  relativ  sicherer  Beschäftigung  stehenden
               Facharbeiter den Lebensstandard des Kleinbürgertums, am unteren Ende lebten die
               An- und Ungelernten an der Armutsgrenze. Vor allem für diese war charakteristisch,
               „dass das Familienoberhaupt in vielen Fällen das nötige Einkommen nicht allein er-
               wirtschaften konnte. Frauen und – allerdings immer seltener – Kinder mussten hinzu-
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               verdienen.“
               Insgesamt  jedoch  profitierten  nicht  nur  die  Mitarbeiter  in  der  Pegnitzhütte  von  der
               guten wirtschaftlichen Entwicklung in den vergangenen Jahren, bis diese 1914 radi-
               kal ihr Ende fand.
































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                  Hans-Ulrich Wehler, Gesellschaftsgeschichte, 3. Band, 786.
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                  Vgl. Abschnitt 2.1.
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                  Archiv des Verfassers. Die reguläre Arbeitszeit lag bei 57 Stunden. Zur Entwicklung der Arbeitszeit
               vgl. die Abschnitte 4.3.1.3 (1), 6.3.1, 7.5.1, 8.4.3 und 11.3.
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                  Jürgen Osterhammel, Das 19. Jahrhundert, 63.
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