Page 45 - Von der Pegnitzhütte zum KSB-Standort
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                  3.3 Der Einfluss der Amag auf das Pegnitzer Bevölkerungswachstum

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               Zwischen 1870 und 1890 stieg die Bevölkerung des Deutschen Reiches um 20 %.
               Im gleichen Zeitraum änderte sich die Einwohnerzahl von Pegnitz nicht und variierte
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               leicht zwischen 1600 und 1700.   Es kann jedoch davon ausgegangen werden, dass
               das generative Verhalten der Pegnitzer nicht anders war als das der Zeitgenossen.
               Wenn trotzdem die Einwohnerzahl der Stadt nicht angestiegen ist, so lag das daran,
               dass sich viele Pegnitzer mangels Alternativen am Ort anderswo eine Existenzgrund-
               lage  suchen  mussten.  Dabei  lag  Pegnitz  sicher  im  Trend  Oberfrankens,  das  unter
               allen bayerischen Regierungsbezirken die größte Wegzugshäufigkeit aufwies, wobei
               vor  allem  der  industrialisierte  Großraum  Nürnberg  das  Ziel  der  Binnenwanderung
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               war.  Die männlichen Abwanderer suchten Arbeit in der dortigen Industrie, die jun-
               gen Frauen verdingten sich zum großen Teil als Hausgehilfinnen (sie waren dann „in
               Stellung“).

               Die folgenden Jahre zeigen für Pegnitz einen umso höheren Zuwachs: Die Einwoh-
               nerzahl stieg in nur zehn Jahren zwischen 1890 und 1900 um 32 % von 1638 auf
               2158. Bis zum Kriegsausbruch 1914 erhöhte sie sich nochmals um 20 % auf 2600,
               also in den knapp 25 Jahren um fast zwei Drittel, und die „Fabrik“ war der Motor die-
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               ser Stadtentwicklung.

               Die Beschäftigtenzahl der Amag hat sich zwischen 1890 und 1914 mehr als verzehn-
               facht: Bei Produktionsaufnahme waren es 40 Leute, fünf Jahre später mehr als 200,
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               im Jahr 1900 420 und 1914 ca. 450.  Auch wenn man berücksichtigt, dass ein er-
               heblicher Teil der Fabrikarbeiter aus zugewanderten und (zunächst noch) unverheira-
               teten  jungen  Männern  bestand,  kann  man  davon  ausgehen,  dass  jeder  Amag-
               Beschäftigte  mindestens  drei  Familienangehörige  in  die  Bevölkerungsstatistik  ein-
               brachte.  Der  Pegnitzer  Bevölkerungsanstieg  in  dieser  Zeitspanne  wurde  also  ent-
               scheidend von der jungen Industrieansiedlung geprägt. Das gilt auch unter Berück-
               sichtigung der Tatsache, dass ein Teil der Beschäftigten Pendler aus den nahen Um-
               landgemeinden waren und die Einwohnerzahl der Stadt Pegnitz nicht beeinflussten.
               Trotz der Errichtung der Arbeiterwohnhäuser verschärfte sich zunehmend die Wohn-








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                  Berechnung auf Grundlage von: „Liste der Volkszählungen in Deutschland“:
               http://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Volksz%C3%A4hlungen_in_Deutschland. (Abruf 29.12.2014).
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                  Heinrich Bauer II, 503; vgl. Anhang 1.
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                  Rainer Trübsbach, Sozial- und Wirtschaftsgeschichte. In: Oberfranken im 19. und 20. Jahrhundert.
               Hrsg. Elisabeth Roth. Bayreuth 1990, 596 f. Vgl. Abschnitt 1.1.
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                  Einen erneuten Schub bei der Pegnitzer Einwohnerzahl gab es 1938/39 im Zusammenhang mit der
               Ansiedlung von Bergleuten (vgl. Abschnitt 7.3) und nach 1945 durch Flüchtlinge und Vertriebene (vgl.
               Abschnitt 8.2). Zur Einwohnerentwicklung von Pegnitz siehe Anhang 1.
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                  Heinrich Bauer spricht  in seiner 1909 erschienen 1. Auflage seiner Geschichte der Stadt Pegnitz
               von „Hunderten von Arbeitern“ (S. 332) und nennt 420 – 430 Arbeiter am Jahresende 1899 (S. 340);
               das korrespondiert mit einer unveröffentlichten Werksbeschreibung aus dem Jahr 1969, die am KSB-
               Standort Pegnitz vorliegt; dort sind für 1895 200 und für 1900 420 Mitarbeiter genannt. (Die Zahl von
               200 Arbeitnehmern für das Jahr 1900, die sich bei Gert von Klass (100 Jahre Amag, S. 28) findet, ist
               offensichtlich unzutreffend.)
               Walter Bauernfeind (Raum-Zeit-Menschen 1840-1990, S.320) nennt 393 Mitarbeiter für das Jahr 1910
               und 444 für das Jahr 1914; diese Zahlen finden sich im Staatsarchiv Bamberg (Rep. K 17 XI – 207).
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