Page 45 - Physikatsbericht
P. 45

A. S. 1 Physicatsbericht Pegnitz


                     Erbrechen u. Durchfälle, Darrsucht, Augenenzündungen, Hautausschläge

                     unvollkommne Entwicklung des Körpers u. s. w. findet man allenthalben
                     bei diesen unglücklichen Geschöpfen, glücklich noch, wenn ein baldiger
                     Tod sich ihrer Leiden erbarmt.


                     Wenn nun gleich das Loos der der ehel. Kinder im Allgemeinen ein
                     günstigeres ist: so bleiben sie doch in ihrer zarten Jugend von Krankheiten

                     verschont.


                     Denn kaum abgewöhnt, müssen sie an der rauhen, u. kräftigen Kost der
                     Erwachsenen Theil nehmen. Die Folgen dieser unzweckmässigen u.

                     ungenügenden Aklimenfation bleiben nicht aus; manche so aufgefütterten
                     Kinder behalten zum ewigen Andenken; Krötenbäuche u. athropische
                     Extremitäten, blauhes cachectisches Aussehen, Chlorose, Scropheln u.
                     andere Erscheinungen einer unvollkommenen Reproduktion, sich namentl.

                     auch in Knochenkrankheiten manifestirend. Siehe Beilage Tab. I.


                     Beschäftigung der Bewohner, Verwendung der Jugend u. schwerer Arbeit,
                     Fabrik u. ähnl. Arbeit, Zeiteintheilung für Ruhe u. s. w.


                     In Pegnitz u. Kreußen sowie auf dem Lande ist die Hauptbeschäftigung:
                     Landbau, u. Viehzucht. Der keine Oekonomie treibende Gewerbsmann ist

                     arm u. gehört deßhalb auch zum Proletarierstand, welcher in unserm
                     Bezirk eine hohe Ziffer nachweist.


                     Die Jugend beiderlei Geschlechts, wird noch nicht der Werktagsschule
                     entwachsen, zu allen ländlichen, ihre Kräfte oft übersteigen den

                     Arbeitenden verwendet, da der Hausvater theils nothgedrungen, theils aus
                     übertriebener Sparsamkeit alle Geldausgaben für Dienstboten, Taglöhner
                     u. fremde Leute scheut u. letztere nur als ein nothwendiges Uebel

                     betrachtet; die hieraus entspringenden Nachtheile für Wachsthum und
                     Gedeihen der Jugend sind jedoch ungleich größer als die materiellen
                     Vortheile, welche dabei zu Güte kommen.


                     Fabriken besitzen wir glücklicherweise keine, da der ganze Bezirk vom

                     Verkehr mit der großen Welt ziemlich abgeschnitten ist u. die Errichtung
                     solcher deßhalb keine günstigen Absatzverhältnisse versprechen dürfte.


                     Die Zeit für Ruhe u. Arbeit richtet sich nach dem Drang der Umstände. Im
                     Winter wird aus leicht begreiflichen Gründen nur 12 bis 14 Stunden lang im



               V1.3 vom 28.12.2019 - Transkribiert von Helmut Strobel, Pegnitz
   40   41   42   43   44   45   46   47   48   49   50