Page 49 - Physikatsbericht
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A. S. 1 Physicatsbericht Pegnitz
Die Kleidung an den Werktagen ist jedoch ziemlich dürftig u. gewährt nicht
hinreichenden Schutz gegen die Unbilden der Witterung. Wechsel der
Kleidung findet unter der Woche nur in dringenden Fällen / bei gänzlicher
durchnässung / statt, noch seltner eine Reinigung derselben.
Der Sinn, durch Arbeit möglichst viel zu erwerben, verdrängt alle anderen
Rücksichten u. mit Recht kann man von dem größten theil unserer
Bevölkerung sagen: sie lebt um zu arbeiten. Höhere geistige Genüsse sind
ihr fremd.
Bei dem geringen Sinn für Reinlichkeit macht sich selbstverständlich wenig
Neigung zum Baden kund.
Auch darf man nicht übersehen, daß bei dem Mangel größerer Flüsse, die
Pegnitz u. der rothe Main allenfalls ausgenommen, die Gelegenheit hiezu
fehlt.
12. Vergnügungen, Feste, besondere Gewohnheiten.
Für Vergnügungen ist der gemeine Mann bei seinem großen Sinn für
Sparsamkeit, welche freilich nur zu häufig durch die Noth geboten
erscheint, wenig eingenommen.
Auch die beiden Jugendfeste in den Städten Pegnitz u. Creußen, welche
alljährlich um Johanni gehalten werden, u. an welchen sich auch die
Erwachsenen früher lebhaft betheiligten, sind jetzt kaum ein Schatten
dessen, was sie nach Aussagen der Großväter und Großmütter gewesen
waren.
Bei Tagesanbruch verkünden Böllerschüsse das Freudenfest. Nachmittags
1 Uhr zieht die Schuljugend unter Musikbegleitung mit ihren Lehrern,
festlich angekleidet auf den bestimmten Platz / in Pegnitz auf die
benachbarte Friedrichshöhe oder Schloßberg /. Daselbst angekommen
werden patriotische Lieder, darunter das „Heil unserem König Heil“
gesungen u. hierauf sich gelagert, wobei für Speisen u. Getränke
hinreichend Sorge getragen ist. Abends zieht die Schuljugend wieder in der
V1.3 vom 28.12.2019 - Transkribiert von Helmut Strobel, Pegnitz