Page 51 - Physikatsbericht
P. 51
A. S. 1 Physicatsbericht Pegnitz
Die gewöhnliche Zeit zur Eingehung der Ehe ist bei Männern das 30 bis
36te. Jahr, bei Weibern das 25 bis 30te. Die Ursache dieser späten
Verheiratungen liegt meist in der Schwierigkeit der Ansässigmachung, am
wenigsten im Hang zur Ehelosigkeit. Bei der großen Neigung sovieler
junger Leute beiderlei Geschlechts, einen Herd zu zu gründen, was ihnen
aber wegen Mangels der hiezu erforderlichen Geldmittel u. sonstigen
Nachweise versagt werden muß: sind Geschlechtsausschweifungen an der
Tagesordnung. Die Zahl der unehelichen Kinder beträgt alljährlich mehr als
das Drittel sämtlicher Geborenen.
In manchen Gemeinden gibt es sogar mehr unehelich als ehelich
Geborene! Siehe Beilage: 2.
Die Fruchtbarkeit der Ehen ist ziemlich groß, namentlich bei unserem
zahlreichen Proletariat; Familien mit 5, 6 u. 8 Kindern sind nichts seltenes.
Zwillingsgeburten kommen alle Jahre, manchmal 2, bisweilen aber auch 4;
Drillingsgeburten / ausgetragene mit lebenden Früchten / jedoch nie vor.
Siehe Beil.
Da, wie schon öfters erwähnt, der Betrieb der Landwirtschaft
Hauptbeschäftigung unsere Bevölkerung ist: so ist, bei der Ungunst des
Bodens u. des Klima, auch das Weib gehalten, sich neben der Führung des
Hauswesens Feldarbeiten jegl. Art zu unterziehen; deßhalb findet wenig
Achtsamkeit bei Schwangeren statt.
Mißfälle / Abortus / sind nicht selten, was aber nicht weiter beachtet wird,
da in der Regel solche Verluste durch neue Schwangerschaften bald wieder
ausgeglichen werden.
Dagegen sind schwere Geburten wobei ärztl. Hilfe in Anspruch genommen
wird, sowie Wochenbettskrankheiten sehr selten.
Aus dem nehml. Grunde ist es den Wöchnerinnen nicht gestattet, die von
der Natur festgesetzte Zeit zu Haus oder im Bett zubringen zu können.
Nach längstens 8tägigen Lager übernimmt die Frau wieder alle Geschäfte
des Hauswesens, wie zuvor.
Wenn auch die Strafe für dieses ungemessene Verhalten nicht immer auf
den Fuß nachfolgt: so bleibt sie doch nicht aus. Senkungen der
V1.3 vom 28.12.2019 - Transkribiert von Helmut Strobel, Pegnitz